Bevor ich zum eigentlichen Rennbericht komme, muss ich zunächst eins, zwei Worte verlieren, wie ich überhaupt zu der diesjährigen Teilnahme und damit zu meiner ersten Wettkampferfahrung im Radsport kam.
Ursprung des Glücks war die herrliche Abfahrt des Prewitt Ridge Trails an dem letzten Biketag unserer USA Tour: Auf 1000 Meter Höhe mit Blick auf die im Pazifik eintauchende Sonne warteten 6 km feinster Singletrail auf uns. Die Aussicht mit dem goldenen Abendlicht, der kleine geheime Pfad ins Ungewisse vor uns und das befriedigende Gefühl, sich spontan nach erfolgreicher Campingplatz-Suche noch von Null bis über die Wolken aus eigener Kraft bugsiert zu haben, brannten sich nicht nur in unseren Köpfen ein, sondern auch auf eine kleine Micro SD-Karte unserer am Gimbal vor der Brust montierten GoPro. Noch in der Nacht wurde unter Meeresrauschen im Zelt das Video besichtigt und gleich eine kleine Momentaufnahme des Bewegtbildes abgespeichert. Schließlich wurde genau dieser Screenshot keine Woche später zuhause in der Heimat bei Facebook hochgeladen – ungläubig, dass man diese Szenerie erst vor wenigen Tagen selber erlebt und aufgenommen hat und gleichzeitig mit einem neu aufkommenden Drang weitere Abenteuer zu erleben. Und diese Abenteuer – da waren wir uns sicher – konnten wir auch in Europa, gar in der unmittelbaren Umgebung in Cottbus oder Dresden vor unseren Haustüren finden. Bikeparkausflüge, Mehrtagesausfahrten und organisierte MTB-Treffen sollten unbedingt folgen. Also versahen wir den Facebookbeitrag mit dem Titel „Ich will zur #endurodm“, so dass wir an der von Vogtland Bike e.V und „So geht sächsisch!“ gesponserten Verlosung für ein wahnsinniges Starterpaket zur Deutschen Enduro Meisterschaft in Schöneck teilnahmen. Wahnsinnig – weil neben dem Startplatz auch noch zwei Hotelübernachtungen, ein extra Trainingstag, sowie exklusive „So geht säschsisch!“-Trikots von Biehler Sportswear und eine professionelle Filmcrew für einen persönlichen Eventclip den Gewinn schmückten. Mehr als verlockend, weswegen auch zahlreiche andere Radverrückte ihr Glück versuchten. Oftmals mit einem sehr imponierenden Foto – Biker entweder im absoluten Rennmodus oder mit viel Airtime. Beides Sachen, an die wir uns noch nicht herangetraut haben. So rückte der Wettbewerbsgedanke wieder in weite Ferne und verblasste im verplanten Alltag.
Dann ging alles recht schnell. Eine Facebooknachricht vom Vogtland Bike e.V sollte mich noch auf den Anruf vorbereiten und auch meine Freunde bekamen eine Anfrage, wo und was der Helge treibt. Denn unser Beitrag hat es tatsächlich geschafft. Das Starterpaket ging an uns! „Nein! Quatsch. Wirklich? Kann nicht sein.“, versuchte ich die Überraschung am Telefon zu realisieren. „Ich soll im Ernst dahin? Rennen sind doch so krass … und eigentlich habe ich keine Zeit: Prüfungen stehen an, großer Beleg muss endlich Fortschritte aufweisen …“. Alles Unfug. Zumindest Ausreden, um die aufkommende Angst zu verdrängen. Man, du Glückspilz bekommst die Chance auf ein neues Abenteuer. Noch dazu wird es von einer Filmcrew festgehalten. Einfach genial! An Prüfungen erinnert man sich in 10 Jahren eh nicht mehr, aber an solches Erlebnis schon! Es war klar, dass die Gelegenheit genutzt werden musste, trotzdem wollte ich unbedingt die Erfahrung mit meiner Anhängerschaft teilen. Mein bester Freund Benni musste mit! Und auch mein Bruder, selbst meine Eltern wollten sich Zeit für das Rennwochenende nehmen. Eine Freude, die ich jetzt im Nachhinein sogar noch mehr schätze als im Moment, wo mich der Druck und die Aufregung vor dem Rennen fast platzen ließen.
Drei Wochen vor Start begann mein „Training“. Zeit für zehn Ausfahrten konnte ich mir noch freischaufeln, am besten mit Freunden oder Freundin. Meine Schenkel von unserem Biketrip durch die USA waren aber schon lange weg. Der Spaß nicht. Also ging es auch mit einem breiten Grinsen zum Trainingstag in die Bikewelt Schöneck. Erstes Mal Bikepark für mich (abgesehen von einem zweistündigen Fahrspaß in einem Thüringer Shredderberg vor einem Jahr)! Um mich herum viele fähige Waghalsige mit der selben Leidenschaft. Doch die sechs bis acht Mann mit professioneller Foto- und Filmausstattung wollten nur mich sehen. Pure Aufregung und doppelter Druck. Aber auch die waren äußerst nett und der Tag ein Erlebnis für sich. Training war es eher nicht, denn so einen Eventclip dreht man nicht einfach mal so. Im regulären Fahrbetrieb des Bikeparks rollte ich immer nur ein paar Meter der Flowline herunter, um mich und mein Bike gleich wieder hochzuschleppen, so dass die Szene nach etlichen Versuchen mit der richtigen Einstellung und mit unterschiedlichen Perspektiven im Kasten landen konnte. Es hat trotzdem viel Spaß gemacht und ein wenig konnte ich mich auch auf meine Fahrtechnik und das Bikeparkfeeling einlassen. Vielleicht aber nicht immer genug konzentrieren. Denn als es wieder einmal hieß „Fertig hier, weiter geht’s!“, fuhr ich mit etwas zu offenen Bremsen in den neuen, mir noch völlig unbekannten Trailabschnitt. Die erste und zweite Bodenwelle konnte ich noch wegdrücken, aber die im kurzen Abstand folgenden waren mit meiner Geschwindigkeit wahre Kicker und das mit der Airtime wollte ich noch verhindern. Also verlor ich die Kontrolle und sauste zu Boden. Es muss doch ganz schön geknallt haben, immerhin zerbrach leider mein Helm auf der Rückseite. Auch meine Schulter war aufgeschürft und meine Hüfte leicht geprellt – ein Warnschuss und Erinnerungsschmerz, den ich auch noch am Rennwochenende eine Woche später deutlich spürte. Glücklicherweise ist der Rest heil geblieben und ja das ist Mountainbiken. Stürze gehören dazu. Man hofft nur, dass man aus dem Fehler lernt und schnell wieder aufs Rad steigen kann.
Und zum Glück fühlte ich mich in der Lage wieder aufs Rad steigen zu können und den Dreh fortzuführen. Es folgten noch entspannte Aufnahmen und ein weniger entspanntes Interview für den Off-Ton des Videos. Die Crew war aber zufrieden und ich super glücklich. Nun konnte das Rennen am nächsten Wochenende kommen.
Jetzt möchte ich euch das Ergebnis natürlich nicht vorenthalten. Hier das fertige Video von der Deutschen Enduro Meisterschaft 2016 in Schöneck. Großes Lob und herzlichstes Danke an die Filmcrew, Vogtland Bike e.V und der „So geht sächsisch!“-Kampagne!